19. Jahrhundert: Garten einer herrschaftlichen Villa
Das Gebäude, das heute das Museo Villa dei Cedri beherbergt, wurde wahrscheinlich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in einer landwirtschaftlich geprägten Umgebung erbaut und befindet sich in Ravecchia, heute ein Wohnviertel von Bellinzona. Die erste historisch belegte Umgestaltung, bei der ein Teil des Grundstücks in einen Garten umgewandelt wurde, fand zwischen 1868 und 1880 statt. Im Jahr 1868 wurde das Anwesen an die Familie Farinelli verkauft, die – nach dem Anschluss von Bellinzona an die Gotthardbahn 1874 – beschloss, einen Teil des über 25’000 Quadratmeter grossen Grundstücks als Garten anzulegen, Elemente, die für ein Herrenhaus unverzichtbar waren.
Das Anwesen der Villa dei Cedri ist ein besonderes und bedeutendes Zeugnis dieser Zeit: Es bringt die Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaft zum Ausdruck, die mit dem technischen, politischen und industriellen Fortschritt verbunden ist, aber auch sich durch eine eigene Ästhetik kennzeichnet.
In dieser Zeit wurde auch die Westachse zwischen der Fassade und dem Haupttor geschaffen: Sie wurde durch zwei Zedern (ital. «cedri») geprägt, die das Tor flankierten und die inzwischen leider verschwunden sind, ebenso wie durch die beiden Magnolienbäume vor der Fassade.
Höchstwahrscheinlich stammt auch die Achse nach Osten, die in den 1930er-Jahren einen freien Blick auf das Guasta-Tal durch den Weinberg ermöglichte, aus dieser Zeit.
1930–1970: Die Villa dei Cedri
Im Jahr 1930 wurde das Anwesen, zu dem auch Rustici, Gewächshäuser, Weinberge und Obstgärten gehörten, an den Bankier Arrigo Stoffel verkauft. Die Villa wurde renoviert und vergrössert, und dabei erhielt auch der Garten ein neues Aussehen auf der Grundlage eines einheitlichen und umfassenden Konzepts für den gesamten Besitz. In dieser Zeit entstand der «Englische Garten» mit seinen verschlungenen Wegen und Baumgruppen, die einen Dialog zwischen dem Garten und der umliegenden Landschaft schaffen sollten.
Inspiriert durch die majestätischen Nadelbäume benannte der neue Besitzer das Haus in «Villa dei Cedri» um, was auch auf den symbolisch-moralischen Wert dieser Bäume hinweist, denn Zedern werden für ihre Robustheit und Langlebigkeit geschätzt.
Die Bäume, die bei der Neugestaltung des Gartens vorhanden waren, blieben grösstenteils erhalten und wurden in das Projekt integriert. Insbesondere die Douglasien vor der Südfassade der Villa stammen ebenfalls aus der Zeit vor den 1930er-Jahren und sind strukturierende Elemente für den Garten im «italienischen Stil», der durch geometrische Blumenbeete gekennzeichnet ist.
1970–heute: Vom privaten Garten zum öffentlichen Park
1978 kaufte die Stadt Bellinzona das ehemalige Stoffel-Anwesen, um die Villa als Kunstmuseum zu nutzen. Im Rahmen der Renovierungsarbeiten im Hinblick auf die Öffnung für die Öffentlichkeit wurde ein Wasserabflusssystem gebaut, zu dem eine seitliche Rinne entlang der Hauptwege aus granitenen Pflastersteinen gehörte. Zudem stellte man Bänke auf und richtete im nordöstlichen Bereich einen Spielplatz ein.
Eine weitere wichtige Veränderung betraf den Weinberg. Zwischen 1977 und 1983 wurden die Reihen neu angeordnet und verdichtet. Während sie früher parallel zur Villa verliefen, stehen sie heute schräg zur Fassade des Gebäudes, und die Achse, welche die Reihen in der Mitte kreuzt, liegt nicht mehr im Zentrum der Fassade des alten Teils der Villa, sondern weiter südlich.
Einige der Bäume auf der Südseite des Englischen Gartens sind in den letzten Jahren durch Natureinflüsse, aber auch durch Erkrankungen – vor allem Pilzkrankheiten – eingegangen. Die Ansiedelung von neuen Pflanzen gestaltet sich hier als langsam und schwierig. 2018 wurde die erste Wollemia Nobilis gepflanzt, eine uralte Koniferenart, die vor mindestens 90 Millionen Jahren erstmals auftrat und lange als ausgestorben galt. Stattdessen wurde sie 1994 in den Blue Mountains in Australien wiederentdeckt – am Leben und bei guter Gesundheit. Heute arbeiten Botaniker daran, ihr Überleben zu sichern. Seit 2023 beherbergt der Garten der Villa dei Cedri ein zweites Exemplar der Wollemia Nobilis.
Im Englischen Garten auf der Ostseite war die Reihe von Pflanzen, die den Streifen zwischen Villa und Weinberg kennzeichnete – hauptsächlich Obstbäume –, völlig verschwunden. Seit 2021 und dank der Initiative der Organisatoren des Green Day in Bellinzona (STSN – Società Ticinese di Scienze Naturali) ist es möglich, den Obstgarten mit einheimischen und alten Arten von Apfelbäumen, Birnbäumen, etc. neu zu bepflanzen. Jeden Herbst wird ein neuer Obstbaum gepflanzt, der von Green Day gespendet wird.
Wir arbeiten an der Zukunft
Im Mai 2022 beauftragte die Museumsleitung eine Gruppe interdisziplinärer Forscher des Instituts für Umwelt und Natürliche Ressourcen (IUNR) der ZHAW Life Sciences und Facility Management, eine Vision für die Zukunft des Gartens der Villa dei Cedri zu entwickeln. Ihr Auftrag war es, eine grundlegende Frage zu beantworten: «Wie lässt sich der historisch wertvolle Garten in einen dynamischen und ökologischen öffentlichen Raum verwandeln?»
Analyse und Forschung führten zu einem Projekt, das den Garten als einen Dialograum zwischen Kunst und Natur betrachtet. Das zentrale Anliegen der Gesamtvision ist es, das Museum Villa dei Cedri und seinen Garten immer als eine Einheit zu behandeln. Die Autorinnen und Autoren empfehlen diese Strategie, weil sie es ermöglicht, den Garten im Kontext des Museums und seines Ausstellungsprogramms effektiv zu nutzen und ihm zugleich eine wichtige soziale Rolle für die Bevölkerung zuzuweisen.
Das Projekt kam im Sommer 2023 zum Abschluss. Es wurden Bereiche identifiziert, in denen das Besuchererlebnis für neue und bestehende Zielgruppen verbessert und die Natur auf positive Weise einbezogen werden kann. Auf dieser Grundlage arbeitet das Museumsteam zusammen mit der Grün Abteilung des städtischen Tiefbau- und Entsorgungsdepartments an der Entwicklung verschiedener Projekte, um dieses Areal von kultureller und ökologischer Bedeutung aufzuwerten.